Eine Sehne entspringt Mitten im Schultergelenk an der Gelenkpfanne. Sie wird ‚proximale’ oder ‚lange’ Bizepssehne’ genannt. Sie ist die einzige Sehne des menschlichen Körpers,
die durch ein Gelenk hindurch läuft. Sie entspringt aus dem oberen Abschnitt der Gelenkpfanne (am Tuberculum supraglenoidale) und wird über eine Weichteilschlinge (das sog. Pulley) aus dem
Gelenk hinausgelenkt.
Der zweite Ursprung an der Schulter wird ‚kurze’ Bizepssehne genannt und entspringt vom sog. Rabenschnabelfortsatz. Die beiden Muskelbäuche vereinigen sich in der ‚distalen’
Bizepssehne am Ellenbogengelenk, welche an der Speiche am Unterarm ansetzt. Von ihr wird nahezu die gesamte Muskelkraft des Bizeps übertragen. Die Anspannung des Bizeps bewirkt zum einen
eine Beugung im Ellenbogen. Durch tangentialen Zug bewirkt sie eine Drehung der Speiche gegenüber der Elle und somit eine Umwendbewegung/Aussendrehung des Unterarms.
Es ist fast erstaunlich, dass sie dies überhaupt einige Jahre lang übersteht. Mal früher, mal später kommt es zu Problemen - durchschnittlich etwa in der 5. Lebensdekade. Die zweite
Bizepssehne der Schulter (Kurze Bizepssehne) macht dagegen so gut wie nie Beschwerden.
Typische Probleme der langen Bizepssehne sind:
- Bizepssehnenentzündung
- Risse des Bizepsankers - SLAP Läsion
- Risse oder Teilrisse der Bizepssehne selbst
- Risse der Schlinge, die die Bizepssehne in Ihrem Kanal stabilisiert (Pulley Läsion)
- Instabilität der Bizepssehne oder Herausspringen der Sehne aus ihrem Kanal
So können Probleme der Sehne, wie beispielsweise Teilrisse oder Instabilitäten an Ursprung oder an anderen Stellen vorliegen. Es können allerdings auch benachbarte Strukturen verletzt sein, die eine Bizepssehnenentzündung hervorrufen. Hierzu gehört beispielsweise auch die Rotatorenmanschette. Entzündung im Bereich der Bizepssehne macht sich häufig bei Drehbewegungen im Schultergelenk bemerkbar. Hier kann es zu stechenden und auch brennenden Schmerzen im Bereich des vorderen Schultergelenks kommen. Ist die Entzündung bereits sehr ausgeprägt, kann eine starker Nachtschmerz bestehen. Patienten schildern auch häufig auf der betroffenen Schulter nicht mehr liegen zu können. Da, wie oben beschrieben, unterschiedlichste Ursachen für die Beschwerden in Frage kommen können, sollte grundsätzliche eine fachspezifische Abklärung der Problematik erfolgen. Durch unsere Expertise können wir sie hier optimal beraten.
- Bild 1 zeigt eine normale schulternahe Bizepssehne im Schultergelenk
- Bild 2 zeigt eine deutlich entzündete Bizepssehne im Schultergelenk
- Bild 3 zeigt eine deutlich entzündete lange Bizepssehne nachdem sie aus dem Gelenk entfernt wurde
Der Ursprung der Sehne am Pfannenrand ist ganz oben am Rand lokalisiert. Um die Gelenkpfanne herum gibt es einen Knorpelring - die sogenannte Gelenklippe (Labrum). Ganz oben an der Pfanne entspringt die Bizepssehne nun quasi aus dieser Gelenklippe heraus. Durch akute Unfälle oder häufiger durch sportliche Überkopfbelastungen (Volleyball, Handball, Tennis, etc.) kann dieser Ursprungsbereich Schaden nehmen. Die Gelenklippe - und damit auch die Bizepssehne - werden vom Knochen abgelöst. Dies nennt man SLAP Läsion. SLAP steht für Superior Labrum Anterior Posterior - also übersetzt ein Schaden an der oberen Gelenklippe von vorn nach hinten. Symptome äußern sich meist in Form von Schmerzen bei Überkopfaktivitäten. Die Gelenklippe wächst hier nicht von selbst wieder fest. eine gewisse Besserung kann man durch eine Änderung der Bewegungsabläufe und eine muskuläre Stabilisierung und Zentrierung des Gelenkes erreichen. Eine vollständige Besserung gelingt aber meist nur operativ. Operativ gibt es 2 Optionen: 1. Die Refixation der Gelenklippe am Pfannenrand mit sog. Nahtankern. 2. Die Komplettierung der Ablösung der Bizepssehne und deren Wiederbefestigung etwas weiter unten am Oberarm. Dadurch wird der problematische Verlauf der Sehne durch das Schultergelenk hindurch entfernt. Welcher Eingriff im Einzelfall geeignet erscheint, muss der Operateur gemeinsam mit dem Patienten entscheiden.
Fixation des Bizepssehnenankers ('SLAP Repair') mit Anker Haken - hier mit sog. Push Lock Ankern.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung der Firma Arthrex.
Meist ist die lange Bizepssehne an der Schulter, seltener die untere (distale) Sehne am Ellenbogen betroffen. Proximaler (Schulter) und distaler (Ellenbogen) Riss unterscheiden sich wesentlich in ihrer klinischen Bedeutung. Der Kraftverlust nach ellenbogennahem Riss ist weitaus größer. Der Riss der langen, schulternahen Bizepssehne vollzieht sich überwiegend auf dem Boden degenerativer Veränderungen. Durch mechanische oder chronisch-entzündliche Prozesse wird die Sehne unter dem Schulterdach aufgerieben. Die Verletzung ist häufig mit zusätzlichen Veränderungen im Bereich der Schulter, wie Rotatorenmanschettenrissen oder chronischen Schleimbeutelentzündungen assoziiert. Nur selten findet sich ein wirklicher Unfall als Ursache. Trotzdem darf auf eine weitergehende klinische und bildgebende Untersuchung nicht verzichtet werden, um begleitende Veränderungen in der Schulter zu erkennen.
Bild 1 zeigt eine arthroskopische Sicht mit regelhaftem intraartikulären Verlauf der gesunden langen Bizepssehne oberhalb des Oberarmkopfes
Bild 2 zeigt eine arthroskopische Sicht mit teilrupturierter langer Bizepssehne
Nach komplettem Riss der langen Bizepssehne entsteht das sogenannte 'Popeye Zeichen'. Der Muskelbauch der langen Sehne rutscht ein Stück nach unten.
Der Versuch einer anatomischen Rekonstruktion, also Wiederbefestigung an der Schulterpfanne ist nicht möglich. Die Sehne kann aber in ihrer ursprünglichen Verlaufsrichtung am Oberarm neu verankert werden. Wichtig ist, daß der Muskel mit der richtigen Vorspannung fixiert wird, was um so schwieriger, je länger der Riss zurückliegt und sich der inaktive, degenerierende Muskel verkürzt hat. Im zweiten Fall, wenn, meist beim älteren Patienten, Schulterschmerzen nach dem Bizepssehnenriss verbleiben, ist nach anderen Ursachen für die Schmerzen zu suchen. Im überwiegenden Teil der Fälle sind hier assoziierte Veränderungen (Rotatorenmanschettenruptur, AC-Gelenksarthrose, „Impingement“, etc.) für die Schmerzen verantwortlich. Diese sind entsprechend zu behandeln.
Diese werden als Pulley Läsion zusammengefasst. Die Pulley-Schlinge ist ein weichteiliger Faserkomplex (bestehend aus Teilen der Rotatorenmanschette und anderen stabilisierenden Bändern), der die lange Bizepssehne nach unten aus dem Schultergelenk herauslenkt. Kommt es zu Verletzungen im Bereich dieser Pulley-Schlinge kann die Bizepssehne nach innen aus ihrer knöchernen Rinne herausspringen und so zu Entzündungen und sogar Sehnenrissen der Rotatorenmanschette führen. Die Beschwerden projizieren sich häufig auf das vordere Schultergelenk und verstärken sich oft bei Drehbewegung im Schultergelenk. Da diese Instabilitäten häufig mit Entzündungen vergesellschaftet sind, kommt es auch nachts vermehrt zu Schmerzen. Konservative Therapiemaßnahmen sind häufig eingeschränkt, da es sich bei einer Instabilität der Bizepssehne um einen strukturellen Schaden handelt und nicht durch eine stabilisierende Krankengymnastik behandelt werden kann. Meist ist eine operative Therapie indiziert und zielführend, um weiteren Schaden am Schultergelenk zu vermeiden.